Im Rahmen des ersten Live-Events der Initiative wirfahren, welches am Donnerstag, dem 26. September 2024 stattfand, präsentierten führende Experten zukunftsweisende Konzepte rund um autonomes und teleoperiertes Fahren. Der Zukunftsexperte und Journalist Marcel Weiß, der unter anderem für die Frankfurter Allgemeine Zeitung schreibt, hielt einen Vortrag über die Gegenwart und Zukunft des autonomen Fahrens.

Die Pioniere von Waymo
Marcel Weiß eröffnete seinen Vortrag mit einem Blick auf die Entwicklungen bei Waymo, einem amerikanischen Tochterunternehmen von Alphabet. Waymo startete Ende der 2000er-Jahre als Google-Projekt für autonomes Fahren. 2018 wurde der kommerzielle Dienst Waymo One, der mittlerweile in mehreren US-Städten vertreten ist, gestartet. Im laufenden Jahr transportiert Waymo in Phoenix, San Francisco, Los Angeles und Austin bereits über 100.000 Passagiere pro Woche. Diese Fahrzeuge operieren vollständig autonom, das heißt ohne menschliche Fahrer.
Interessant ist, dass Waymo in der Lage ist, die Auslastung ihrer Fahrzeuge erheblich zu steigern, verglichen mit traditionellen Taxis. Im Gegensatz zu Ride-Hailing-Diensten, die durchschnittlich 13,2 Fahrten pro Tag verzeichnen, schafft es Waymo, diese Zahl auf 20 Fahrten zu erhöhen. Dies führt zu besseren Gewinnmargen für Flottenbetreiber und macht deutlich, dass autonomes Fahren wirtschaftlich attraktiv werden kann.
Der Experte hob jedoch hervor, dass Waymo, trotz der hohen Entwicklungskosten, rentabel werden könnte, wenn sie ihre Auslastungsrate weiter steigern. Schon jetzt erreicht Waymo 35 Prozent Auslastung. Der Weg zur Profitabilität von Waymo scheint also nicht mehr weit entfernt zu sein.

Vorreiterrolle: China und Amerika
Im weiteren Verlauf seines Vortrags verglich Weiß die Entwicklungen in den USA mit denen in China, wo Unternehmen wie Baidu ebenfalls autonome Fahrdienste betreiben. Das chinesische Unternehmen Apollo Go, eine Tochter von Baidu, hat bereits eine signifikante Marktpräsenz in 16 Städten und verzeichnete allein im Juli 336 Tausend Fahrten. In China erhalten Robotaxis mehr Unterstützung durch staatliche Regulierungen, und Pilotprogramme sollen den Weg für eine landesweite Expansion ebnen. Der strukturelle Unterschied zwischen den Weltmächten ist, dass in den USA Investitionen dominieren, während in China staatliche Unterstützung eine bedeutende Rolle spielt.
Weiß wies darauf hin, dass China durch niedrigere Kosten pro Fahrzeug und einer hohe n Auslastung einen Vorteil gegenüber den USA haben könnte. Beispielsweise liegen die Kosten für ein Baidu-Robotaxi bei nur 28.000 US-Dollar, während Waymo noch mit umgebauten und teuren Fahrzeugen arbeitet. Dies erklärt, warum China bei der Skalierung und Auslastung aktuell vorn liegt.
In Bezug auf Europa und insbesondere Deutschland äußerte Weiß eine nüchterne Einschätzung. Während deutsche Hersteller wie Volkswagen und Daimler bisher auf Fahrassistenzsysteme setzen, spielen sie bei autonomen Taxis eine untergeordnete Rolle. Die Technologien und Konzepte, die in den USA und China entwickelt werden, sind weit voraus. Der deutsche Automobilsektor scheint diese Entwicklung verschlafen zu haben. „Man kann nicht nur auf das schauen, was deutsche Hersteller machen, um die Zukunft des autonomen Fahrens zu verstehen“, so Marcel Weiß. „Man muss sich auf die internationalen Märkte konzentrieren, dort passieren die Entwicklungen .“
Schauen sie sich den ganzen Vortrag von Marcel Weiß hier an und erfahren Sie mehr über die Mobilitäts-Entwicklungen in China und den USA.

Prognosen
Ein weiteres zentrales Thema war die technologische Basis und die Infrastruktur, die für autonome Fahrzeuge erforderlich sind. Der Experte betonte, dass Kooperation und Verbreitung entscheidende Erfolgsfaktoren sind. Waymo ist mittlerweile in der Uber-App integriert, was ihnen eine breite Nutzerbasis und damit eine größere Reichweite verschafft. Zudem erklärte Weiß, dass Unternehmen wie Amazon und Uber nicht nur Personen, sondern auch autonome Lieferfahrzeuge entwickeln.
Auch auf die geopolitischen Spannungen zwischen den Weltmächten wies er im Vortrag hin. Diese könnten sich auf den Markt für autonomes Fahren auswirken. So plane die US-Regierung, chinesische Software aus dem Bereich der autonomen Fahrzeuge zu verbannen, was potenziell Auswirkungen auf die Expansion chinesischer Anbieter wie Baidu in die USA haben könnte.
Zum Ende seines Vortrags betonte Marcel Weiß, dass die Zukunft des autonomen Fahrens keineswegs linear verlaufen werde. Der internationale Wettbewerb und die unklare regulatorische Lage in verschiedenen Ländern machen Prognosen schwierig. Waymo und Apollo Go sind aktuell die Technologieführer, wobei sie stark auf ihre jeweiligen Heimatmärkte fokussiert sind. Eine Expansion nach Europa und Deutschland könnte in den nächsten fünf Jahren realistisch werden, ist jedoch mit erheblichen Unsicherheiten verbunden.
Klar sei, dass autonome Fahrzeuge und Robotaxis nicht mehr aufzuhalten sind. Die Technik wird stetig besser, die Investitionen steigen, und die großen Plattformen wie Uber und Google Maps stehen bereit, um diese Dienste weltweit zu integrieren. Der Mobilitätsmarkt steht laut dem Zukunftsforscher vor einem massiven Umbruch.