Das größte und bedeutendste Mobilitäts-Unternehmen der Daseinsvorsorge in Deutschland ist die Deutsche Bahn. Der deutsche Staat unterstützt das Unternehmen jedes Jahr mit erheblichen Finanzmitteln über direkte Zuschüsse, Mittel für Erhalt und Modernisierung des Schienennetzes und Geld für den Regionalverkehr.
Für den Zeitraum bis 2029 wurde ein Schienen-Infrastrukturprogramm beschlossen, das allein 86 Milliarden Euro kostet. Trotz all dieser Finanzmittel betrug das operative Ergebnis der Bahn minus 964 Millionen Euro (EBIT) im Jahr 2023, die Gesamtverschuldung liegt derzeit bei mehr als 35 Milliarden Euro.
Preise nach der Auslastung gestalten
Die hohen Verluste sind dem Steuerzahler nur mit Mühe zu verkaufen. Folglich bemüht sich der Bahnvorstand, durch günstige Preise dem Bürger das Bahnfahren zu erschwinglichen Preisen zu ermöglichen.
Das Geheimnis dahinter ist die Analyse der Nachfrage und die daraus folgende Ableitung von günstigen Tarifen.
Derzeit ist es möglich, für 10 Euro mit dem ICE durch Deutschland zu fahren.
Diese Aktion ist zwar zeitlich begrenzt, doch kann der etwas flexible Bahnkunde häufig immerhin unter 20 Euro im ICE reisen.
Der Kern dieser Preisstruktur (engl.; pricing) ist das Kennen der Auslastung der Züge und das Angebot günstiger Preise bei schwacher Auslastung.
Kenne deine Kunden!
Daten sind Gold. Wer seine Verkehrsdaten erfasst und analysiert, kann mit hoher Sicherheit voraussagen, wie in der nahen Zukunft die Nachfrage nach Verkehrsleistungen sein wird. Mit anderen Worten: Bei der Betrachtung über längere Zeiträume entstehen Muster, die dem Verkehrsunternehmen eine relativ stabile Vorschau auf das Nutzerverhalten erlauben. In der Folge könnten Taxi-Unternehmen einerseits das Angebot an Fahrzeugen auf der Straße steuern, Taxizentralen können andererseits der Nachfrage angepasste Tarife anbieten. Plattformen wie Uber, BOLT und andere nutzen dieses Wissen seit Jahren und bieten den Fahrgästen entsprechende Schwachlast- , Normal- und Starklastpreise an.
Preismodelle auch für Taxi-Kunden?
Um flexible Taxi-Tarife anbieten zu können, müssen die Taxi-Tarife durch die Behörden entsprechend genehmigt werden. Aber auch hier gilt: Wer nicht fordert, wird nicht bekommen. Nur wenige Gemeinden haben sich in Deutschland entschlossen, Festpreise mit Preiskorridor zu ermöglichen (zur Stunde sind es u.a. München, Berlin, Düsseldorf und Köln). Allein daraus ergeben sich bereits analog zur Bahn Chancen für den Taxi-Markt: warum sollte nicht -nach entsprechender Analyse- in der Stadt der “Taxi-Rabattpreis am Dienstag” zwischen 11 Uhr und 16 Uhr beworben werden?
Rabatte der Bahn sind attraktiv
Nutzt ein BahnCard 50 Kunde die ICE-Strecke von Stuttgart nach Hamburg um 17.23 Uhr, so zahlt er 84,50 Euro, wenn er am Reisetag bucht. Einen Tag vorher wurde dieselbe Reise für 39,59 Euro angeboten, acht Tage vorher für 22,79 Euro.
Bei dieser Preisgestaltung müsste die Taxizentrale die Vorbestellungen mit dem entsprechenden Preisangebot bewerben und entgegennehmen, um sie dann zeitgerecht an ein Fahrzeug zu vermitteln. Diese Aufgabe nehmen Plattformbetreiber für ihre Kunden bereits heute wahr.
Auch der flexible Kunde wird bei der Bahn belohnt. Wer die Strecke Köln nach Berlin acht Tage vorher bucht, zahlt für den Zug um 17:45 Uhr 39,59 Euro, eine knappe dreiviertel Stunde später kostet die Reise (ab 18:21 Uhr) nur noch 19,99 Euro. Flexibilität zahlt sich für den Kunden aus.
Wohlgemerkt: Das Geheimnis ist die Analyse der Auslastung der Kapazitäten und die Glättung mit Hilfe des Angebotspreises. Bei den Taxi-Tarifen mit Tarif-Korridor sind nicht nur Rabatte, sondern auch Aufschläge zum Normaltarif möglich. Bei geschickter Anwendung werden die Auslastung der Fahrzeuge und der Erlös gesteigert.
Deutsche Bahn, Mobilitätsplattformen, Hotel-Buchungssysteme, Fluggesellschaften…. alle entscheiden ihr Pricing anhand der Auslastungsdaten.
Daseinsvorsorge und Konkurrenz
Auf vier Linien hat die Bahn seit einigen Jahren einen Konkurrenten: FlixTrain. Dieses private Unternehmen bedient in Deutschland zum Beispiel Basel-Stuttgart-Frankfurt-Berlin und bietet -je nach Auslastung- Tickets bereits ab 4,99 Euro an. Erwartungsgemäß ist dieser Rabattpreis nicht die Regel, sondern die Ausnahme. Allerdings gilt auch bei FlixTrain: Kenne deine Kunden, werte deine Daten aus und wähle ein Pricing, das die Auslastung der Züge optimiert.
Interessant ist, dass die Daseins-vorsorgende Bahn NICHT durch Mindestpreise vor dem Wettbewerb geschützt wird und es dazu auch keine Initiativen gibt. Dieses anachronistische Lenkungsinstrument ist nur dem Gesetzgeber für Mietwagen in Deutschland eingefallen.
Fazit
Statt immer neue Regulierungen und staatliche Eingriffe zu verlangen, sollte die gesamte Mobilitätsbranche neue Wachstumsmotoren suchen. Diese liegen häufig, wie die Bahnen und andere nachweisen, in der Preisgestaltung.
Ein Gehirn, das ständig mit Regulierungen beschäftigt ist, verliert die Fähigkeit zur Innovation. Dieser Grundsatz sollte auch die Gesetzgeber zum Nachdenken anregen.