Am Donnerstag, dem 26. September, präsentierte Marian Meier-Andrae, Chief Business Development Officer der MIRA GmbH, einem Tochterunternehmen der Rheinmetall AG, im Rahmen des ersten Live-Events der Initiative wirfahren einen Vortrag über die Zukunft der fahrerlosen Mobilität mit Fokus auf das Konzept des teleoperierten Fahrens.
Teleoperiertes Fahren bedeutet, dass ein Fahrzeug von einem Menschen aus der Ferne gesteuert wird. Dabei sitzt der Fahrer nicht im Auto, sondern an einem Computer oder einer speziellen Steuerstation, von der aus er das Fahrzeug über das Internet lenkt. Der Fahrer sieht die Umgebung des Fahrzeugs über Kameras und kann bei Bedarf eingreifen, wenn das Fahrzeug alleine nicht weiterkommt.
Die Vorteile des teleoperierten Fahrens
Marian Meier-Andrae stellte die zentralen Vorteile des teleoperierten Fahrens heraus. Ein Hauptargument ist die effiziente Nutzung von Ressourcen, insbesondere im Bereich der Logistik. Durch die Trennung von Fahrer und Fahrzeug lassen sich Prozesse optimieren, da Fahrzeuge im öffentlichen Straßenverkehr besser genutzt werden können, ohne auf die Anwesenheit eines physischen Fahrers angewiesen zu sein. Diese Technologie verspricht nicht nur eine Reduktion der Kosten durch die Einsparung von Fahrpersonal, sondern auch einen Beitrag zur Entlastung von Innenstädten. Der ruhende Verkehr könnte minimiert werden, da teleoperierte Fahrzeuge durchgängig im Einsatz wären, anstatt lange Zeit geparkt zu sein.
Die Technologie kann außerdem Arbeitskräfte in den Arbeitsmarkt integrieren, die aufgrund körperlicher Einschränkungen nicht in der Lage sind, selbst zu fahren. Teleoperation bietet einen Büroarbeitsplatz, der behindertengerecht gestaltet werden kann. Diese Möglichkeit schafft Inklusion und könnte es Menschen mit Einschränkungen ermöglichen, am Berufsleben teilzunehmen, die zuvor von bestimmten Tätigkeiten ausgeschlossen waren. Zusätzlich führt das teleoperierte Fahren zu einer besseren Auslastung von Fahrpersonal. Statt lange Wartezeiten zu überbrücken, wie es oft bei der Anlieferung von Gütern in Fabriken der Fall ist, könnten Fahrer während dieser Wartezeiten andere Fahrzeuge aus der Ferne steuern und so ihre Arbeitszeit effizienter nutzen.
Sehen Sie hier den gesamten Vortrag von Mariam Meier-Andrae.
Grenzen und Herausforderungen autonomer Systeme
Trotz der unbestreitbaren Vorteile betonte Meier-Andrae, dass autonome Fahrzeuge in der Praxis auf Hindernisse stoßen, die sie bisher nicht alleine bewältigen können. Er beschrieb sogenannte “Edge Cases”, also Situationen, in denen das Fahrzeug an seine technologischen Grenzen stößt. Ein Beispiel dafür sind Baustellen oder Straßensperren, bei denen das Fahrzeug nicht automatisch entscheiden kann, wie es weiterfahren soll. Hier sei es notwendig, dass ein Mensch eingreifen und das Fahrzeug anleiten kann, die korrekte Entscheidung zu treffen.
Ein weiteres Hindernis für rein autonomes Fahren sieht Meier-Andrae in den gesetzlichen Vorgaben. Seit 2021 gibt es in Deutschland ein Gesetz zum autonomen Fahren, das vorschreibt, dass eine technische Aufsicht, also ein Mensch, jederzeit in der Lage sein muss, eine sichere Verbindung zum Fahrzeug herzustellen. Diese menschliche Rückfallebene ist laut Meier-Andrae unverzichtbar, da autonome Fahrzeuge in komplexen und nicht vorhersehbaren Situationen schnell an ihre Grenzen stoßen.
Marian Meier-Andrae ging in seinem Vortrag auf einen besonders interessanten Aspekt der Teleoperation ein: die Rolle dieser Technologie in komplexen und gefährlichen Einsatzgebieten. Bei Großbränden oder Unfällen in der Nähe von Flugzeugen, wo extreme Hitze und toxische Dämpfe eine Gefahr für Leib und Leben darstellen, könnten teleoperierte Fahrzeuge eine entscheidende Rolle spielen. In solchen Situationen ist es oft schwierig oder gar unmöglich, Rettungs- oder Einsatzfahrzeuge voll zu automatisieren, da die Einsatzlage zu komplex und nicht vorhersehbar ist. Gleichzeitig möchte niemand Menschen in diese gefährlichen Zonen schicken. Hier komme die Teleoperation ins Spiel. Ein Fahrer könnte sicher aus der Ferne das Fahrzeug steuern und die notwendige Hilfe leisten, ohne sich selbst einer Gefahr auszusetzen.
Die Mira GmbH hat in Zusammenarbeit mit der Deutschen Telekom bereits seit April 2023 teleoperierte Fahrzeuge im öffentlichen Straßenverkehr von Bonn getestet und gezeigt, dass dies unter realen Bedingungen funktioniert. Trotz der Fortschritte gibt es jedoch noch viele rechtliche und technische Fragen, die geklärt werden müssen, bevor teleoperiertes Fahren flächendeckend eingesetzt werden kann.
Im Bereich des automatisierten Fahrens sieht Meier-Andrae die Teleoperation als wichtigen Bestandteil. Selbst wenn in Zukunft Level-4-Fahrzeuge, also vollautonome Fahrzeuge, zum Einsatz kommen, wird es immer noch Situationen geben, in denen ein menschlicher Eingriff notwendig ist. Besonders in komplexen städtischen Umgebungen, bei schlechten Wetterbedingungen oder in unerwarteten Situationen wie dem Auftauchen von Radfahrern oder Kindern auf der Straße, ist die Teleoperation eine wertvolle Ergänzung.
Die Mira GmbH arbeitet aktuell an verschiedenen Projekten, um die Technologie weiterzuentwickeln und die Teleoperation in der Praxis zu testen. In Zusammenarbeit mit der Stadt Düsseldorf und der Rheinbahn sollen im kommenden Jahr E-Vitos im öffentlichen Nahverkehr eingesetzt werden. Auch in der Logistikbranche wird die Technologie bereits getestet, um Werksverkehre effizienter zu gestalten.
Zum Ende seines Vortrages betonte Mariam Meier-Andrae die Notwendigkeit eines gut ausgebauten 5G-Netzes, um teleoperiertes Fahren breitflächig in der Realität umsetzen zu können. Ohne stabile und schnelle Kommunikationsnetze sei es unmöglich, Fahrzeuge zuverlässig und sicher aus der Ferne zu steuern. Der Ausbau von 5G in Deutschland spiele daher eine Schlüsselrolle in der weiteren Entwicklung teleoperierter Mobilität.