Stellungnahme von #WirFahren zur Anhörberechtigung des Bundesverbandes Taxi und Mietwagen bei Gesetzesvorhaben

Bei der anstehenden Novellierung des PBefG behauptet der BTVM weiterhin, die Interessen des Taxi- und Mietwagengewerbes in Deutschland insgesamt zu vertreten. Die aktuelle Austrittswelle von 3 Landesverbänden zeigt, dass der BTVM zum Lobbyisten der Taxi-Zentralen in Großstädten mutiert ist.

Dem Vertretungsanspruch für die gesamte Branche wird ausdrücklich widersprochen.

Am 29.6.2020 hat der Landesverband Niedersachen nach Bayern und NRW einstimmig seinen Austritt erklärt. Ob weitere Landesverbände folgen, bleibt abzuwarten.

Einstimmig haben die Delegierten der Fachvereinigung Taxi und Mietwagen im GVN e.V. am vergangenen Freitag den Austritt aus dem Bundesverband Taxi und Mietwagen (BVTM) beschlossen. Sie vertreten mehr als 1.400 Unternehmen und damit rd. 80 % aller privaten niedersächsischen Taxi- und Mietwagenbetriebe. Hintergrund ist die bereits seit mehr als drei Jahren immer stärkere Fokussierung der Bundesverbandspolitik auf die Belange der Großstädte und Großstadttaxizentralen. Angesichts der Machtverhältnisse im BVTM sahen die niedersächsischen Gewerbevertreter derzeit keine Perspektive mehr. Selbst der Versuch einer Schlichtung war Mitte Juni von der Mehrheit der Großstadtzentralen abgelehnt worden.

Quelle: GVN

Unverändert beansprucht der BTVM gegenüber den Mitgliedern des Verkehrsausschusses des Deutschen Bundestages und insbesondere der Findungskommission für die Novelle des PBefG als bundesweiter Vertreter des Taxi- und Mietwagengewerbes aufzutreten.

Ein Blick in die verbliebene Mitgliederstruktur macht deutlich, dass dieser Anspruch bei weitem nicht gerechtfertigt ist. Ordentliche Mitglieder des BTVM sind lt. Satzung Taxi-Zentralen und Landesverbände des Taxi- und Mietwagengewerbes.

Die Webseite gibt Auskunft:

  • der BVTM hat 51 Mitglieder,
  • davon sind 36 Taxi-Zentralen und 15 Gewerbeverbände.

Taxi-Zentralen

Deutschland hat 81 Städte mit mehr als 100.000 Einwohnern und 699 mit mehr als 50.000 Einwohnern. Im BTVM sind 27 Taxi-Zentralen vertreten, teilweise 5 aus ein und derselben Stadt. Da jede Stadt > 50.000 Einwohner über eine oder mehrere Taxi-Zentralen verfügt, repräsentiert der BTVM weniger als 3,8% der Taxi-Zentralen der deutschen Groß- und Mittelstädte.

Besonders bemerkenswert ist ein weiterer Zusammenhang: 11 der 51 ordentlichen Mitglieder werden vom Berliner Taxi-Zentralen Eigentümer Hermann Waldner geführt oder beeinflusst. In 7 der 36 Taxi-Zentralen des BVTM ist Hermann Waldner Eigentümer und Geschäftsführer.

Landesverbände

Die Organisation der Landesverbände ist nicht kongruent mit den 16 deutschen Bundesländern. In einigen Bundesländern bestehen mehrere Landesverbände (z.B. Baden-Württemberg: Verband Baden e.V. und Verband Württemberg e.V.)

Nach der Austrittswelle gerade der großen Verbände (Bayern, Niedersachen, NRW) sind noch 8 Bundesländer (teilweise mit Regionalverbänden) vertreten.

Organe des BVTM

Das 3-köpfige Präsidium besteht aus einem Präsidenten, dessen Landesverband gerade den Austritt aus dem BVTM einstimmig beschlossen hat (siehe oben). Vizepräsidenten sind der Eigentümer von 7 Taxizentralen (alle BVTM-Mitglieder) sowie der Syndikus einer Taxi-Zentrale. Der 3-köpfige Vorstand besteht ausschließlich aus Vorständen von Taxi-Genossenschaften.

Taxi-Zentralen sind Wirtschaftsunternehmen. Diese sind oft als Genossenschaften organisiert, aber auch zunehmend als GmbH im Privatbesitz. Taxi-Zentralen fühlen sich in ihrem Geschäftsmodell durch mehr Wettbewerb, wie z.B. durch digitale on-demand Dienste weltweit in ihrer Existenz bedroht. Sie sehen ihr Heil in Maschinenstürmer Positionen, die Wettbewerb, Innovation und Nachhaltigkeit klar verhindern sollen.

Die Analyse der Struktur des BVTM legt den Schluss sehr nahe, dass dieser traditionelle Bundesverband von Privatunternehmern und Taxi-Zentralen gekapert worden ist.

Am 15.07.2020 haben sich fünf der sechs Vorstandsmitglieder des BVTM in einem Schreiben gerechtfertigt. Die Stellungnahme ist im Online-Portal Taxi times unter dem 15.07.2020 erschienen. Die einsehbaren Leserkommentare geben Auskunft über den Vertrauensverlust in den BVTM.

Quelle: Taxi Times

Seit Mitte Juli 2020 wird im Vereinsregister der Leipziger Taxiverband e.V. geführt, der sich ebenso wie der FFTD Föderation Freier Taxen Deutschland, der sich als Hamburger Parallel-Bundesverband versteht, deutschlandweit aktiv werden möchte.

Bereits seit Jahren ist der VLD Vereinigung der Chauffeur und Limousine Service in der Bundesrepublik Deutschland e.V. als Repräsentant der Mietwagenbranche tätig.

Quelle: Chauffeur Verband

Relativ neu ist die Initiative Mietwagen-Services #WirFahren, die deutschlandweit 40.000 Mietwagenfahrer vertritt und die wir repräsentieren.

Fazit

Der BVTM spricht nicht für das deutsche Taxi- und Mietwagen-Gewerbe. Wir fordern, dass das Mietwagen- und Chauffeurs-Gewerbe in die Entscheidungsfindung zur PBefG-Novelle einbezogen wird. Die PBefG-Novelle darf nicht zur Zementierung des Taxi-Monopols missbraucht werden. Die PBefG-Novelle muss modernen, digitalen, ökologisch wirksamen Verkehrsarten gleichberechtigte Wettbewerbsbedingungen ermöglichen.