Stellungnahme der Initiative Mietwagen-Services (wirfahren.de) zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Personenbeförderungsrechts

Aktenzeichen: StV 14/7382.1/10-12; DG10/831.2/2

Einleitung

Seit Jahrzehnten ist die Mietwagenbranche ein wichtiger Wirtschaftsfaktor in vielen Regionen Deutschlands. Die Initiative Mietwagen-Services #WirFahren vertritt als Interessengemeinschaft die Anliegen dieser wichtigen Branche. Dazu zählen weit über 40.000 qualifizierte Fahrer:innen in ganz Deutschland, die tagtäglich die zuverlässige und sichere Beförderung ihrer Fahrgäste gewährleisten – sowohl in Zusammenarbeit mit digitalen Plattformen, als auch im Limousinen-, Schüler- und Behindertenverkehr.

#WirFahren bedankt sich für die Übersendung des Referentenentwurfs eines Gesetzes zur Modernisierung des Personenbeförderungsrechts (nachfolgend „Entwurf“) durch das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur und die damit verbundene Möglichkeit, zu diesem Stellung zu nehmen.

Allgemeine Bemerkungen

Der vorliegende Entwurf verfolgt das ehrgeizige Ziel des aktuellen Koalitionsvertrags der Bundesregierung durch eine Modernisierung des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) dem Wandel der Mobilitätsbedürfnisse und den entsprechenden technologischen Entwicklungen Rechnung zu tragen. Grundsätzlich ist das Vorhaben, das PBefG zu modernisieren, zu begrüßen: Eine Novellierung könnte den notwendigen Schritt darstellen, die im Koalitionsvertrag versprochene “regulatorischen Entlastungen” für die Taxi- und Mietwagenbranche umzusetzen. Ein faires “Level Playing Field”, das sowohl etablierten als auch neuen Mobilitätsanbietern gleiche Voraussetzungen im Wettbewerb bietet, könnte geschaffen werden.

Vor diesem Hintergrund ist jedoch festzustellen, dass der Entwurf diesem Anspruch nicht gerecht wird. Ganz im Gegenteil: Teilweise steht er sogar im Widerspruch zu den Ankündigungen im Koalitionsvertrag. Statt einer notwendigen Entlastung werden neue Berichts- (z. B. das umfassende Teilen von Daten) und Genehmigungspflichten (z.B. für Mietwagen-Vermittlungsplattformen) sowie eine zusätzliche Preisregulierung im Mietwagenbereich eingeführt. Darüber hinaus werden bestehende Hemmnisse nicht abgebaut: So soll die sogenannte “Rückkehrpflicht” für Mietwagen nicht abgeschafft werden, obwohl diese die gerade in Vororten und im ländlichen Raum benötigten Mobilitätsalternativen verhindert, weiterhin zu unnötigen Leerfahrten in Großstädten führt und die dringend benötigte Elektrifizierung verhindert. Auch werden Fahrten weiterhin händisch/manuell (nicht automatisiert) und direkt am Betriebssitz des Unternehmens angenommen werden müssen. Das beeinträchtigt insbesondere kleine und mittelständische Mietwagenunternehmen überproportional, die dafür eine extra Arbeitskraft abstellen müssen. Leider plant der Gesetzgeber ebenfalls die steuerliche Benachteiligung von Mietwagen (19% MwSt.) gegenüber Taxi (7% MwSt.) fortzuführen.

Diese Unzulänglichkeiten und Widersprüche stechen insbesondere in Bezug auf das ambitionierte Ziel ins Auge, hier einen wirklichen Beitrag zur Verkehrswende sowie zur Umstellung auf klimaneutrale und klimafreundliche Arten der Mobilität leisten zu wollen. Durch die schweren Auswirkungen der Corona-Pandemie erhält der Entwurf eine Tragweite, die unsere Mitgliedsunternehmen nicht nur belastet, sondern vielmehr existenziell gefährdet. Im Einzelnen betrifft dies folgende Punkte:

Beibehaltung der Rückkehrpflicht (§ 49)

In § 49 Abs. 4 wird an der sogenannten “Rückkehrpflicht” festgehalten: Mietwagenfahrer:innen müssen weiterhin nach “Ausführung des Beförderungsauftrags […] unverzüglich zum Betriebssitz zurückkehren”, sofern sie während dieser Rückkehr keinen weiteren Auftrag erhalten. Die Beibehaltung dieser Regelung ist aus mehreren Gründen entschieden abzulehnen:

Zum einen führt die Rückkehrpflicht dazu, dass unsere Umwelt durch die tausenden von unnötigen Leerfahrten tagtäglich einer zusätzlichen Belastung ausgesetzt wird. Zudem führen Leerfahrten zu einem erhöhten Verkehrsaufkommen und damit zu unnötigem Lärm und Luftverschmutzung in Städten.

Zum anderen ist die Rückkehrpflicht betriebswirtschaftlich belastend. Die künstlich geschaffenen Mehr-Kosten, die unsere mittelständischen und kleinen Unternehmen dadurch zu tragen haben, sind unverhältnismäßig. Sie widersprechen dem politischen Grundsatz KMUs nicht unnötig durch Bürokratie zu belasten.

Eine weitere Möglichkeit, wie Mietwagenunternehmer:innen zur Verkehrswende beitragen können, ist der Einsatz von elektrifizierten Flotten. Die Rückkehrpflicht verhindert jedoch diesen Fortschritt. Elektroautos verfügen bereits über begrenzte Reichweiten und Batteriekapazitäten. Die zusätzlich durch die Rückkehrpflicht erzwungenen Leerkilometer machen den Einsatz von Elektroautos damit komplett unwirtschaftlich.

Mit der Einführung des neuen Absatz 5 wird die Festlegung weiterer Abstellorte in Gemeinden mit großer Flächenausdehnung ermöglicht. Dieser neue Absatz gibt vor Erleichterungen zu schaffen und den Kommunen Handlungsspielraum bei der Ausgestaltung einzuräumen. Dies ist jedoch nicht der Fall: Vielmehr legt der Bund für die Aufstellorte sehr komplexe Detailregelungen fest. Der starre Beschluss eines Mindestabstands von 15 Kilometern zwischen Betriebssitz und Abstellort ist willkürlich und in der Praxis nicht umsetzbar. Unabhängig von der kommunalen Ausgestaltung stellt diese Regelung keine Entlastung für Mietwagenunternehmen dar. Die Delegation dieser Ausgestaltung in die Kommunen erhöht das Risiko obstruktiven Verwaltungshandelns. In Anbetracht von ca. 800 autonomen Genehmigungsbehörden ist ein Flickenteppich zu erwarten, der der Elektrifizierung der Flotten zuwiderläuft.

Die Rückkehrpflicht ist aus ökonomischer wie auch aus ökologischer Sicht nicht sinnvoll und sollte gänzlich gestrichen werden.

Mindestbeförderungsentgelt für den Verkehr mit Mietwagen (§ 51a)

Eine weitere Neuregelung enthält der zusätzlich geschaffene § 51a: Genehmigungsbehörden werden dazu ermutigt, durch die Festlegung von Mindestbeförderungsgelten das Anbieten “von Leistungen zu nicht marktgerechten Preisen” zu unterbinden.

Die Neueinführung einer Preisregulierung bewerten wir kritisch: Die Kalkulation für entsprechende Dienstleistungen sollte, wie bisher, von den Unternehmen selbst festgelegt werden. Diese werden in Abhängigkeit von Aufwänden, Kosten, Mitarbeitern und anderen Belastungen vorgenommen. Diese Regulierung stellt einen massiven Eingriff in einen wünschenswerten Marktwettbewerb dar und verfehlt klar die Vorgabe des Koalitionsvertrags, den Mietwagenbereich regulatorisch zu entlasten.

Bereits heute sind so genannte Dumpingpreise nicht im Sinne der Unternehmen und werden durch das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb verhindert. Eine Doppelregulierung ist nicht notwendig und führt zu Rechtsunsicherheit.

Bereitstellung von Mobilitätsdaten (§ 3a)

Über die EU Richtlinie 2017/1926 hinausgehend, wird unter § 3a mit der Novelle die Bereitstellung von Mobilitätsdaten (Art. 6: “Mobilitätsdatenverordnung”) verordnet. Diese Pflicht bereitet uns größte Sorgen und ist mit drastischen zusätzlichen Belastungen für unsere kleinen und mittelständischen Mietwagenunternehmen verbunden.
Insbesondere die Pflicht zur umfangreichen Erhebung und Teilung von Echtzeitdaten legt Unternehmen unverhältnismäßige Bürden auf. Damit gehen zusätzliche Kosten für Personal etc. einher. Dies ist in der zugrunde liegenden EU-Richtlinie nicht vorgesehen.

Die Sicherheit der über 8000 Mietwagenunternehmen, mehr als 40.000 Fahrer:innen, wie der Verbraucher:innen hat für uns höchste Priorität. In der Bereitstellung dynamischer Daten sehen wir ein enormes Risiko für die Mietwagenbranche. Die Offenlegung dieser wettbewerbsrelevanten Daten – teilweise in Echtzeit – gleicht einer Offenlegung von Geschäftsgeheimnissen. So stellt diese Regelung neben der Mindestbepreisung einen weiteren massiven Eingriff in den freien Wettbewerb dar.
Mietwagen-Dienste bedienen individuelle Mobilitätswünsche von Tür zu Tür, anders als der öffentliche Nahverkehr. Die geplante gesetzliche Neuregelung ist daher auch unter Datenschutzgesichtspunkten bzgl. Kund:innen- und Fahrer:innendaten bedenklich.

Gebündelter Bedarfsverkehr (§ 50)

Mit dem neu formulierten § 50 wird der gebündelte Bedarfsverkehr (“Pooling”) in einen gesetzlichen Kontext eingebettet. Dies ist nach Jahren der Ungewissheit grundsätzlich positiv zu bewerten, die nun vorgelegte Ausgestaltung verfehlt jedoch das Ziel.

Insgesamt wird nicht ersichtlich, wie mit den neuen Regelungen aus dem gebündelten Bedarfsverkehr ein attraktives Geschäftsfeld entstehen kann. Die Idee eines “Level Playing Field” mit einem fairen Wettbewerb für alle Marktteilnehmer wird nicht geschaffen, da eigenwirtschaftliche Poolingdienste ebenso wie Mietwagen von der Rückkehrpflicht (Abs. 1) betroffen sein können. (vgl. obenstehende Argumente zur Rückkehrpflicht für Mietwagen). Ferner sehen Absatz 2 bzw. 3 weitere beeinträchtigende Auflagen vor, wie zum Beispiel die Bündelungsquote, Preisregulierung oder zeitliche und räumliche Einschränkungen des eigenwirtschaftlichen Poolings. Damit sich Pooling für Unternehmen lohnt, müsste zudem die Möglichkeit geschaffen werden, in Zeiten geringer Nachfrage Einzelfahrten zu tätigen. Das könnte durch Mischkonzessionen für Mietwagen/Pooling ermöglicht werden. So müssten auch keine zusätzlichen Flotten für Pooling aufgebaut werden. Schließlich wird privatwirtschaftliches Pooling im Gegensatz zu Pooling im Rahmen des ÖPNV nicht staatlich subventioniert.

Eine mögliche Folge ist, dass private Poolingdienste aufgrund der fehlenden Unterstützung und den einhergehenden zusätzlichen Belastungen ihr Angebot nicht weiter ausbauen können. Insbesondere für Stadtrandlagen und den ländlichen Raum stellt dies eine folgenreiche Benachteiligung dar, da gerade dort die hohe Nachfrage nach dringend benötigten Mobilitätsangeboten ohne private Beteiligung nicht ausreichend bedient werden kann. Auch wird so die Ausschöpfung des großen Potentials des Poolings (auch als Ergänzung zum ÖPNV) in Hinblick auf umweltfreundliche Fahrgastbeförderung und die Abschaffung privater PKW verhindert.

Thomas Mohnke
Sprecher
#WirFahren
Initiative Mietwagen-Services